Vorstellung und - na klar! - erste Probleme: Partielles Bremsversagen beim 164er u.a.

  • Guten Morgen in die Runde


    Vor nunmehr gut 30 Jahren erwarb ich, damals noch Student, einen 84er 340 GL Variomatic für meine Mutter, die in späten Jahren ihren Führerschein gemacht hatte und nur Automatik fahren durfte. Der Wagen machte einen so guten Eindruck, dass ich ein paar Jahre später für mich einen 340 „Nautic“ mit 1700 ccm und 5-Gang-Getriebe anschaffte, den ich bis Ende der 90er fuhr.
    Irgendwie bin ich nie mehr richtig losgekommen von der Marke. Beruflich habe ich als Lehrer (Latein, Geschichte, Religion) mit Technik „nix am Hut“, aber eine merkwürdige Anziehungskraft sorgte dafür, dass neben einem Alltagsauto bald eine Amazone (1969, B20A) mir für einige Jahre viel Freude gemacht hat.
    Mittlerweile habe ich mich etwas in Richtung Mercedes entwickelt, wo ich bei den Baureihen 124 (300CE aus 1990) und R107 (560, 1987) gelandet bin.
    Allerdings bin ich seit Jahren immer mal wieder auf der Suche gewesen nach einem vernünftigen Volvo 164. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, so schwierig, dass ich nach einigen unschönen Erlebnissen, bei denen angebliche Fahrzeuge in Topzustand bei Besichtigungen regelmäßig zu waidwunden Ruinen mutierten, aus Verzweiflung einen Jaguar XJ6 kaufte. Leider wurde die Katze das Stigma des „Ersatzkaufes“ niemals los, so dass ich mich erneut auf die Suche machte und seit einer guten Woche - endlich! - Besitzer eines bordeauxroten 164 aus Baujahr 1971 bin. Schiebedach, Anhängerkupplung, 4-Gang mit Overdrive sind an Bord. Der Wagen verbrachte seine ersten Jahre in Belgien, gelangte von da in die Niederlande, wo er um die Mitte der 90er umfassend restauriert wurde. Bis heute steht er rostfrei da, was für die Qualität der Restaurierung und die Pflege seines niederländischen Besitzers spricht.
    Niederländischen TÜV hat er noch bis Mai 2021.
    Mittlerweile haben sich auf dem Weg zur Zulassung (§21) zwei Fragen ergeben, die ich den erfahreneren Mitgliedern des Forums mit der Bitte um Rat gerne vorlegen würde:
    a) Gravierendstes Problem ist das Verhalten der Bremse Hinterachse rechts: Während das fahrerseitige Gegenstück linear Bremsdruck aufbaut, macht die rechte Bremse schlagartig erst bei hohem Druck auf das Pedal zu. Gestern glaubte ich an einen Standschaden mit festgerostetem Bremskolben und war schon wild entschlossen, zwei neue Girling-Bremssättel zu erwerben, bin mir aber mittlerweile unsicher, ob nicht der Bremsverteiler im Motorraum der eigentlich Schuldige ist. Bei gelöster Bremse lässt sich der Wagen problemlos schieben, was für mich gegen einem festgegammelten Bremskolben spricht.
    Kann ein defekter Verteiler die beschriebene Symptomatik auslösen? Und: Kann das Teil gerettet werden oder ist zur Nachfertigung, wie Skandix sie im Programm hat, zu raten?
    b) Der Prüfingenieur ist besorgt über die zu breite Bereifung (205/65 R 15), die beim Einfedern der Hinterachse mit dem Radlauf in Konflikt geraten könnte. Er will nochmals nachforschen, aber wenn ich ihm mit Unterlagen, Gutachten oder Eintragungen eine Entscheidungshilfe anbieten könnte, wäre das sicherlich hilfreich.


    Ansonsten ist der 164er tatsächlich top, sehr original und steht gut da.


    [Blockierte Grafik: https://share.icloud.com/photos/03hq9wGj4NA9nmjN6Q3IGSzmg]


    Dankbar für Rat und Zuspruch
    Thomas

  • Hallo Thomas,


    die Bremsfunktion an der Hinterachse des 164 wird durch zwei Ventile - Bremskraftregelventile - beeinflusst. Möglich, dass auch da ein Fehler liegt, denn es gibt für jede Seite ein eigenes Bremsregelventil. Funktioniert eines davon nicht mehr regulär, so wird dadurch die Bremse der jeweils betroffenen Seite beeinflusst / blockiert / usw ...


    Die Regelventile sind unter dem hinteren Fahrzeugboden in Fahrtrichtung linksseitig befestigt und bei angehobenem Fahrzeug leicht zu finden: Von ihnen aus führt je ein Bremsschlauch für jede Seite zu einer auf der linken Hälfte der Hinterachse verschraubten Blechhalterung. Von dieser wiederum führen die Bremsleitungen am Hinterachskörper entlang zu den Bremssätteln der Hinterrachse.


    Mithin könnten geprüft werden:
    - Freigängigkeit der Bremskolben und der Bremsbeläge im Schacht des Sattels
    - Bremschsläuche vorne (wie von Zone 1 im Beitrag 2 empfohlen)
    - Bremschschlauch für den Sattel hinten rechts,
    - und dann ggf. die Funktion des rechten Bremsregelventils.


    Falls sich bei der Überprüfung der Schläuche ein Defekt herausstellt, kann man sicherheitshalber gleich alle anderen Schläuche ebenfalls austauschen, wenn (optisch) erkennbar ist, dass auch diese alt sind.
    Im Falle intakter Bremsschläuche grenzt sich der Fehler auf Bremssattel /Bremsleitung bzw, wenn das alles o.k. ist, auf das Bremsregelventil ein.


    Falls weitere Fragen - gerne auch direkt via PN / e-mail. Ich fahre, warte und repariere selbst seit vielen Jahren u.a auch P 164 jeglicher Ausprägung; derzeit einen 164 A /1971 (der ist zwar passager in eingemottet, aber kpl. funktional und jederzeit mobilisierbar).


    Mit freundlichem Gruß


    k-c-f

  • Hallo Thomas (neu).


    Sehr schöne und lange Geschichte toll das du jetzt deinen Volvo gefunden hat - mit der Stoßstange der schönste 164er.


    Die Bremse ist ja auch ein 2x3 Kreis Bremsanlage und hat da die Scheiben hinten viel zu groß dimensioniert sind auch Bremsdruckventil von der Hinterachse. Je eins für jeden Bremskreis.
    Wenn der Bremsklotz im Sattel sich leicht mit einer Wasserpumpenzange zurückdrücken lässt ist er auch nicht fest, die Kraft zum Zurückdrücken sollte auf beidem Seiten (rechte und linke Seite von Wagen) etwas gleich groß sein, wenn das alles in Ordnung ist, ist das Reduzierventil vielleicht nicht entlüftet. Das Entlüften ist ein kleine Wissenschaft für sich.


    Zu gequollen Bremsschläuche lassen den Druck nur langsam zurück - das könnest bei dem erneuten Zurückdrücken der Klötze prüfen.
    Die Bremsschläuche hinten gehen von den Reduzierventilen zu Achse - wenn die Anschlüsse vergnaddelt sind kannst du ahnen das der letzte Schlauchwechsel aufgeschoben wurde.


    Beim Entlüften darauf achten das du beide Kreise hinten gleichzeitig entlüftest wenn du die Pedaldruckmethode (kräftig treten damit die Luft aus den Reduzierventilen austritt) anwendest - sonst spricht das Bremskreisventil vorn an. Ich lasse die Bremsflüssigkeit einfach selbst in eine Flasche mit einem getauchten Schlauch laufen dabei steht der Wagen vorn etwas höher. Geht allein und belastet der Hauptbremszylinder nicht.


    Gruß
    Jörn
    Wenn du nicht weißt wann der letzte Ölwechsel am M410 gemacht wurde, dann machen.

  • Hallo Silius,


    zu Deiner Frage nach der TÜV-konformen Reifengröße 205-65-15 habe ich meine Unterlagen durchgesehen, aber keine passende Empfehlung gefunden. U.a. für 205-60-15 liegt mir eine Volvo-Freigabe bezüglich einer Rad-Reifen-Kombinationen vor, nicht aber eben für 205-65-15.


    Wenn sich keine andere Quelle für diese Kombination findet, muss wohl der Prüfer seine Elastizität bemühen.
    Findet er dazu keine Möglichkeit und macht die Eintragung etwa abhängig von einem Umbördeln der Blechfahnen der Radläufe, kann ich nur raten, darauf zu verzichten. Denn es wäre mehr als unsäglich, eine gute 164-er Karosserie auf diese Weise zu "zu malträtieren / zu verschlimmbessern". Aber vielleicht taucht ja irgendwoher eine Freigabe auf.


    Ansonsten können wir uns bei Bedarf gerne auch via PN / e-mail zu 164, aber auch 544 / Amazon / 140 / 240-_60 / 700/900/ und XC60- Volvo Fragen / -problemen austauschen. Ich habe seit vielen Jahren eine relative Bandbreite untergestellt - je nach dem, was sich Interessantes vorfand/vorfindet.


    Wobei "Interessantes" durchaus ein kpl. scheintotes Exemplar sein darf, da sowohl Karosserie als auch Technik für mich in gewissem Rahmen "Heimspiel" sind und nicht leitend unter wirschaftlichem Aspekt eingeschätzt bzw. bewertet werden.
    Statt dessen i.d.R. danach, ob es ein erreichbares & interessantes / seltenes Projekt / schönes Exponat abgeben könnte, so etwas wieder in Form und auf die Straße zu bringen.


    Dann noch: Anmerkung zum Fahrzeugbestand: Schnittmenge: Div Volvo(s.o.) & MB (107-280SLC "Torso" :-) / 123TE / 3X 126SE/SEL - 6 u. 8 Zyl.); und - als Äquivalent zur "Katze": 1 altes Glastron / 1 alter norweg. 6m Mahagonie-Klinkerrumpf (Runabout) - alo quasi "Nasse / Katze" ... sorry :-)


    Zu professionellen Schnittmengen zunächst mal nix - gibt's aber auch ...


    Mit freundlichem Gruß


    k-c-f

  • TÜV-konformen Reifengröße 205-65-15

    Hallo Thomas.


    Ich bin mir nicht sicher ob der Prüfer das Einfederverhalten der Starachse kennt, es wird ja links nur bedingt eng, eingefedert und Kurvenfahrt nach links, schief der Kofferraum beladen macht man nicht.
    Also der dicke Willi der vier Prüfer muss dann rechts sitzen.


    Wenn das nicht klappt nicht traurig sein - am Besten geradeaus läuft der Sechser mit 195/65 15 HR besser sogar mit VR weil die fester in der Flanke sind.


    Gruß
    Jörn

  • Der Prüfingenieur hat selbst auch einen 107er (280 SL) und eine Amazone mit B20; von daher sollte er die Volvo-Starrachsen kennen. Ich sehe ja auch das Problem: 20 oder 25 mm Luft ist nicht viel, wenn der Wagen voll besetzt ist und ein Anhänger am Haken hängt.
    Einen karosserieseitigen Eingriff um der Rad-/Reifen-Kombination willen wird es sicher nicht geben, auch wenn die 205er recht neuwertige Michelin Energy Saver sind. 15-Zöller sind ja gängig und kosten nicht die Welt...
    Und „traurig“ werde ich so schnell nicht werden: Eben kam ich von einer gemütlichen Ausfahrt zurück, wo der 164 einfach nur Freude macht...



    Allen einen guten Abend
    Thomas

  • Mit Glück reicht kräftig spülen, ich würde die Leitung vom Bremsdruck- Reduzierventil an der Achse demontieren und viel Bremsflüssigkeit spülen - wenn es nur Luft ist.
    Auf der einen Seite vom Reduzierventil ist ein Schraube mit große Schlüsselweite (SW27?) die lösen, klopfen und wieder anziehen, dass kann reichen um ein Verblockung zu lösen.
    Sonst beide Tauschen.
    Ich selbst würde sie demontieren, öffnen, reinigen und innen alles mit ATE Paste versehen wieder montieren.
    Gruß
    Jörn


    einen 107er (280 SL

    der hat keine Starachse

  • Der Prüfingenieur hat selbst auch einen 107er (280 SL) und eine Amazone mit B20; von daher sollte er die Volvo-Starrachsen kennen...

    Die Erwähnung des SL, lieber Jörn, sollte nur unterstreichen, dass der Mann ein Quantum Affinität zum Oldtimerthema mitbringt.
    Ansonsten ist der Stand der Dinge:
    - 195/65 vr 15 sind bestellt
    - Bremskraftregler liegt auf der Werkbank und wartet auf Spezialbehandlung nach Jörns Rezeptur
    - kleine Liste mit Ersatzteilwünschen unterschiedlicher Priorität ist erstellt und momentan im Preisvergleichsmodus,
    —> 4 neue Stoßdämpfer
    —> Dichtung Diff-Deckel
    —> Kardanwelllenmittellager
    —> obere Traggelenke
    —> Lager der Spurstange
    —> evt. Radlager vorn


    Leider „mache“ ich gerade Abitur, was berufliche Anspannung mitbringt und das Zeitbudget strapaziert. Aber nächste Woche beginnt des Studienrates schönste Zeit...


    Thomas

  • —> Dichtung Diff-Deckel
    —> Kardanwelllenmittellager
    —> obere Traggelenke

    Klasse das du dich das traust - ist ja die Bremse und da schreiben einige "Finger weg" weil sicherheitsrelevant.


    Im Zylinder kann Rost sein, leicht abziehen/polieren - wenn das starke Rostnarben sind, nicht weiter verwenden - die Bremskraft erhöht sich sonst an der Hinterachse und die Führungsräder sollen als letztes stehen bei einer Vollbremsung.


    Zum Differentialdeckel - schau dir das Tellerrad und die kleinen Kegelräder im Korb an (Ausbrücke?), wenn die sich auf den Stiften bewegen nicht verrückt machen, einfach in Hinterkopf haben da könnte ein Rumpel aus dem Heck herkommen. Das ist so bei dem Achsen.
    Ist das untere Traggelenk in Ordnung? Das trägt ja die Last oben ist ja nur ein Führungslager.
    Kurz ich würde wenn oben Spiel ist auch unter gleich Tauschen.


    Ja die Zeit - immerhin hast du die Ventile schon raus und kannst sie reinigen und weiter bearbeiten.


    Gruß
    Jörn

  • Seit gestern ist die Hürde des Paragraphen 21 erfolgreich übersprungen. Schwierigkeiten der außerordentlichen Art gab es nicht, so dass ich mich bereits mit Nebensächlichkeiten wie „Musik im Auto“ beschäftigen konnte. Verbaut ist ein Becker Grand Prix Stereo „automatic tuning“ mit externem Verstärker, aber ohne Kassettenlaufwerk. Der Mangel ist verschmerzbar, da meine Frau mich schon vor Jahren genötigt hat, die unnütz gewordenen Compactcassetten zu entsorgen.
    Bei dem in Sachen Radiooldtimer sehr bekannten Rainer Königs gibt es den passenden Adapter zum Anschluss eines Aux-Einganges, so das sich alle Formen moderner Medien über Mobiltelephon einspeisen lassen. Der 164 ist ja motorseitig so leise, dass Musikhören im Oldtimer keinen „Widerspruch in sich“ darstellt.


    Ich danke jedenfalls allen, die mir mit Rat zur Seite gestanden haben; bei älteren Fahrzeugen gibt es ja immer mal wieder Gelegenheit, Erfahrenere um Hilfe zu bitten.


    Sobald die Papiere vorliegen, kümmere ich mich um die Zulassung. Ein Blick auf den Internetauftritt unserer Stadtverwaltung ergab, dass Vorsprache immer noch termingebunden zu sein hat. Da lässt sich natürlich nicht prognostizieren, wann das Verfahren abgeschlossen sein wird.


    Allen Lesern noch einen schönen Sonntag
    Thomas